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Kritische Gedanken zur Sprengstoffspürhund-Zertifizierung nach DIN SPEC 77201 🐕💥
Einleitung:
Seit den verheerenden Anschlägen des 11. September 2001 erleben wir eine rapide Transformation der globalen Sicherheitslage. #WandelDerZeit Private Sicherheitsdienstleister stehen an vorderster Front dieser Herausforderung. In diesem Kontext sind spezialisierte Diensthunde, besonders Sprengstoffspürhunde, zu einem wesentlichen Instrument geworden. Die Frage ist jedoch: Wie zuverlässig und effizient sind diese Hunde? Und welche Rolle spielt die DIN SPEC 77201 in dieser Debatte? 🤔
Das Deutsche Institut für Normung (DIN) und Akkreditierungsverfahren:
Das DIN ist die nationale Normungsorganisation Deutschlands und vertritt deutsche Interessen auf internationaler und europäischer Ebene. Es hat die Aufgabe, Normen zu erarbeiten, die als Empfehlungen dienen, um die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu sichern und zu optimieren. In der Regel sind diese Normen das Resultat eines Konsensprozesses zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und weiteren Interessengruppen.
Akkreditierungen werden durch spezialisierte Einrichtungen wie die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) vorgenommen. Bei der Akkreditierung wird die fachliche Kompetenz von Laboratorien, Zertifizierungs- und Inspektionsstellen formal anerkannt. Ziel ist es, ein hohes Maß an Qualität und Verlässlichkeit in verschiedenen Branchen sicherzustellen.
DIN SPEC 77201 und die Problematik der Zertifizierung:
Wenn wir uns der DIN SPEC 77201 zuwenden, handelt es sich hierbei nicht um eine Norm im traditionellen Sinne, sondern um eine spezifische Publikation, die aus dem Marktbedarf heraus entstanden ist. Sie legt Qualitätsstandards für das Diensthundewesen im Sicherheitsgewerbe fest. Der Knackpunkt ist jedoch, dass es derzeit keinen verbindlichen Standard für Sprengstoffspürhunde im privaten Sektor gibt. Hierdurch ergeben sich potenzielle Sicherheitslücken.
Die Debatte um diese Zertifizierung zeigt, dass manche Ausbildungsprogramme, die zur Erlangung dieser Spezifikation angeboten werden, überflüssig oder nicht ausreichend definiert sind. Ohne klare Richtlinien riskieren Sicherheitsdienstleister, in Ausbildungen zu investieren, die wenig bis keinen Mehrwert bieten.
DIN SPECs sind Dokumente, die im sogenannten PAS-Verfahren (Publicly Available Specification) erstellt werden und oft als Vorstufe zu einer vollständigen Norm dienen. Sie sind zunächst Empfehlungen und Leitlinien, die in der Praxis angewendet und anerkannt werden können. Sie haben jedoch keinen automatischen Gesetzescharakter
Historischer Kontext:
Historisch gesehen fehlte eine spezielle DIN-Norm für Sprengstoffspürhunde. Sicherheitsunternehmen mussten oft auf allgemeine behördliche Vorgaben zurückgreifen, was zu einer inkonsistenten Praxis führte.
Abschluss:
Die Absicht hinter der DIN SPEC 77201 ist lobenswert, aber die Umsetzung lässt Fragen offen. Es ist unerlässlich, dass DIN, Akkreditierungsstellen und die Sicherheitsbranche kooperieren, um klare und nachhaltige Standards im Diensthundewesen zu etablieren. Es geht nicht nur um Normen, sondern um das Wohl und die Sicherheit der Gesellschaft. #ZukunftDerSicherheit 🐶🔍🛡.
Zur Erklärung:
🔍Ein Akkreditierungsprozess ist ein systematisches Verfahren zur Bewertung und Bestätigung der Kompetenz von Organisationen in spezifischen Bereichen. Dies kann Labore, Inspektionsstellen, Zertifizierungsstellen und andere Einrichtungen umfassen. Der Prozess gewährleistet, dass diese Einrichtungen die festgelegten Standards und Normen einhalten und dadurch zuverlässige und glaubwürdige Ergebnisse liefern. Der genaue Ablauf eines Akkreditierungsprozesses kann je nach Land und Organisation variieren. Im Folgenden wird der typische Ablauf skizziert:
- Antragstellung:
- Die Organisation, die eine Akkreditierung wünscht (der Antragsteller), stellt einen formalen Antrag bei der zuständigen Akkreditierungsstelle. Dieser Antrag enthält in der Regel eine Übersicht über die gewünschten Tätigkeitsbereiche und relevante Dokumente.
- Vorbereitung durch die Akkreditierungsstelle:
- Die Akkreditierungsstelle prüft den Antrag auf Vollständigkeit.
- Ein Akkreditierungsmanager oder ein entsprechendes Team wird bestimmt.
- Die Akkreditierungsstelle legt den genauen Umfang der Bewertung fest und plant das Assessment.
- Dokumentenprüfung:
- Die Akkreditierungsstelle prüft die vom Antragsteller bereitgestellten Dokumente. Dazu gehören z.B. das Qualitätsmanagement-Handbuch, Verfahrensanweisungen, Mitarbeiterqualifikationen usw.
- Vor-Ort-Bewertung:
- Ein Team von Assessoren (Experten in den relevanten Bereichen) besucht die Organisation.
- Es werden Interviews mit dem Personal geführt, Abläufe beobachtet und Aufzeichnungen überprüft.
- Dabei wird überprüft, ob die Organisation die relevanten Standards und Normen einhält.
- Berichterstattung:
- Nach der Vor-Ort-Bewertung erstellt das Bewertungsteam einen Bericht über ihre Befunde. Dieser enthält in der Regel sowohl positive Punkte als auch festgestellte Abweichungen.
- Korrekturmaßnahmen:
- Falls Abweichungen festgestellt wurden, muss die Organisation Korrekturmaßnahmen einleiten und nachweisen, dass die Abweichungen behoben wurden.
- Akkreditierungsentscheidung:
- Ein unabhängiges Gremium oder ein Entscheidungsträger innerhalb der Akkreditierungsstelle prüft den Bewertungsbericht und die durchgeführten Korrekturmaßnahmen.
- Entscheidet dieser positiv, erhält die Organisation die Akkreditierung.
- Überwachung:
- Akkreditierungen sind in der Regel zeitlich befristet (z.B. für drei oder fünf Jahre).
- Während dieser Zeit werden regelmäßige Überwachungsbewertungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Organisation weiterhin die Standards einhält.
- Re-Akkreditierung:
- Vor Ablauf der Akkreditierungsfrist kann die Organisation eine Re-Akkreditierung beantragen. Der Prozess ähnelt dem ursprünglichen Akkreditierungsprozess.
Die Akkreditierung bietet eine externe Bestätigung der Kompetenz und Glaubwürdigkeit einer Organisation. Ein erfolgreiches Akkreditierungsverfahren gibt Kunden, Stakeholdern und der Öffentlichkeit Vertrauen in die Dienstleistungen der Organisation.
Die DIN SPEC 77201 ist nicht akkreditiert!
🔍Die Entwicklung einer DIN SPEC (Spezifikation) beim Deutschen Institut für Normung e. V. (DIN) folgt einem eigenen Prozess, der sich von dem klassischen Normungsverfahren unterscheidet. Die DIN SPEC bietet eine Möglichkeit, schnell und flexibel marktrelevante Lösungen zu erstellen. Sie ist nicht verbindlich wie eine Norm, erlangt aber aufgrund des Konsensprinzips und der breiten Beteiligung von Interessengruppen oft eine hohe Anerkennung in der Industrie und anderen Bereichen.
Hier ist der übliche Ablauf für die Entwicklung einer DIN SPEC:
- Initiierung:
- Ein Interessent oder eine Gruppe von Interessenten identifiziert einen Bedarf für eine Spezifikation in einem bestimmten Bereich.
- Ein formaler Vorschlag wird beim DIN eingereicht, in dem der Bedarf und der Anwendungsbereich der geplanten DIN SPEC dargestellt werden.
- Konsortialbildung:
- Interessierte Parteien (z. B. Unternehmen, Forschungsinstitutionen, Behörden) bilden ein Konsortium. Dieses Konsortium ist für die Ausarbeitung des Entwurfs der DIN SPEC verantwortlich.
- Registrierung:
- Das DIN registriert das Vorhaben und gibt es zur öffentlichen Kenntnisnahme bekannt. Dies stellt sicher, dass die Öffentlichkeit von dem Vorhaben erfährt und die Möglichkeit hat, Interesse zu bekunden oder Feedback zu geben.
- Erstellung des Entwurfs:
- Das Konsortium erarbeitet einen Entwurf der DIN SPEC. Dies kann in Workshops, Sitzungen oder Online-Kollaborationsplattformen geschehen.
- Konsensfindung:
- Der Entwurf wird innerhalb des Konsortiums diskutiert und überarbeitet, bis ein Konsens über den Inhalt erreicht ist.
- Überprüfung durch DIN:
- DIN prüft den Entwurf auf Einhaltung der formalen Anforderungen und darauf, ob er im Einklang mit bestehenden Normen und Regelwerken steht.
- Veröffentlichung:
- Nach erfolgreicher Überprüfung wird die DIN SPEC veröffentlicht und erhält eine eigene Kennnummer. Sie ist nun öffentlich zugänglich und kann von Interessenten bezogen werden.
- Weiterentwicklung:
- Falls notwendig, kann die DIN SPEC später überarbeitet oder erweitert werden. Es besteht auch die Möglichkeit, sie als Grundlage für die Entwicklung einer DIN-Norm zu nutzen.
Es ist wichtig zu betonen, dass eine DIN SPEC keine Norm ist und keine verbindliche Rechtskraft hat. Sie dient eher als Referenz oder Empfehlung für bestimmte Bereiche oder Branchen.
DGUV 23 und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung:
Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang mit dem Diensthundewesen und dessen Normen und Zertifizierungen ist die DGUV 23. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) setzt sich für den Arbeitsschutz und die Sicherheit der Mitarbeiter in verschiedenen Branchen ein.
Die DGUV 23 legt spezifische Bestimmungen für den Schutz von Arbeitnehmern vor. Im Kontext von Diensthunden bedeutet dies, dass Sicherheitsmaßnahmen und Gesundheitsvorsorge für Hundeführer und andere beteiligte Personen gewährleistet sein müssen.
Betrachtet man speziell die Ausbildung von Sprengstoffspürhunden, so ist klar, dass solch eine Tätigkeit potenzielle Gefahren birgt – nicht nur aufgrund der Natur des aufzuspürenden Materials, sondern auch aufgrund der intensiven Trainingsmethoden, die angewendet werden. Hier sollte die DGUV eine Rolle spielen, um sicherzustellen, dass während des Trainings und im Einsatz sowohl Mensch als auch Tier sicher sind.
Kritische Gedanken zur Sprengstoffspürhund-Zertifizierung:
Die DIN SPEC 77201 versucht, einen Standard für die Qualität und Zuverlässigkeit von Diensthunden im Sicherheitsgewerbe zu setzen.
Aber die Frage bleibt: Wie beeinflusst dieser Standard tatsächlich die Sicherheit, insbesondere im Bereich der Sprengstoffspürhunde?
Zunächst einmal ist die Absicht hinter der DIN SPEC 77201 zweifellos ehrenhaft. Sie soll Qualität und Sicherheit in einem Bereich gewährleisten, der von immenser Bedeutung ist. Doch wie bei jeder Norm oder Spezifikation gibt es Herausforderungen bei der Umsetzung.
Einige kritische Gedanken:
Einheitsstandards: Obwohl die DIN SPEC 77201 einen Rahmen bietet, gibt es keine einheitlichen Standards für die Ausbildung oder Zertifizierung von Sprengstoffspürhunden. Dies kann zu einer Variation in der Qualität der ausgebildeten Hunde führen.
Mangelnde Klarheit: Ohne klare Vorgaben und Richtlinien für die Ausbildung von Sprengstoffspürhunden kann es zu Unklarheiten über die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Hunde kommen. Es stellt sich die Frage, wie wir sicherstellen können, dass ein nach DIN SPEC 77201 zertifizierter Hund tatsächlich in der Lage ist, Sprengstoffe zuverlässig zu erkennen.
DGUV und Sicherheitsüberlegungen: Während die DGUV 23 Schutz für Arbeitnehmer bietet, fehlt möglicherweise eine ausdrückliche Erwähnung oder Berücksichtigung spezifischer Anforderungen für Hundeführer im Kontext von Sprengstoffspürhunden. Da diese Tätigkeit besondere Risiken birgt, könnten zusätzliche oder präzisere Vorschriften erforderlich sein, um sowohl den Hundeführer als auch den Hund zu schützen.
Die Herausforderungen, denen sich der Bereich der Sprengstoffspürhunde gegenübersieht, sind nicht zu unterschätzen. Während die DIN SPEC 77201 ein Schritt in die richtige Richtung ist, sind eine klare Definition, strengere Standards und regelmäßige Überprüfungen notwendig, um sicherzustellen, dass diese Hunde und ihre Führer in der Lage sind, ihre wichtige Aufgabe sicher und effektiv zu erfüllen. Die DGUV und ihre Regelung 23 könnten dabei eine wichtige Rolle spielen, indem sie zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und Bestimmungen für den Bereich einführen. Das Ziel sollte immer sein, ein hohes Maß an Sicherheit für Mensch und Tier zu gewährleisten und gleichzeitig die Wirksamkeit dieser wertvollen Sicherheitsressource zu maximieren. 🐶🔍🛡.
Qualitätskontrolle: Nach der Zertifizierung gibt es möglicherweise keinen klar definierten Mechanismus zur Überwachung der Qualität und Leistung der Hunde. Es ist wichtig, einen regelmäßigen Überprüfungsprozess zu haben, um sicherzustellen, dass die Hunde ihre Aufgaben weiterhin effektiv und sicher ausführen können.
Interessenkonflikte: Einige Unternehmen könnten versucht sein, die Zertifizierung hauptsächlich als Marketinginstrument zu nutzen, anstatt sich auf die tatsächliche Qualität und Sicherheit zu konzentrieren. Dies könnte die Glaubwürdigkeit der Zertifizierung gefährden und potenziell unsichere Situationen schaffen.
Text: Copyright Karl-Heinz Klöpper
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